Ende Juli 2024 hatte ich vier feine Biketage im Bündner Land und habe mich intensiv mit der Trailerkundung der Unterengadiner Dolomiten beschäftigt.

Der erste Tag
Die Anfahrt über den Fernpass zog sich wie Gummi und so sah ich die Gondeln der Bergbahn nur stehend und kurbelte die 900+ Höhenmeter bis zum Traileinstieg am Motta Naluns aus eigener Kraft hinauf. Beim gemächlichen Aufstieg nimmt man die fantastische Natur und die herrliche Umgebung so viel intensiver war, nochmal besonders durch die tief stehende Sonne, die das satte Grün in den bunten Wiesen herrlich betonte. Vorbei am altehrwürdigen Jugendstilhotel Schweizerhof Vulpera, durch das ruhige Bergdörfchen Ftan, kletterte ich Meter um Meter in lichten Lärchen- und Arvenwäldern.

Beinahe senkrecht über mir machte ich den Gipfel des Piz Clünas aus, den ich die Tage mit dem Velo noch besuchen werde. Auf den Pausenbänkchen in massivem Holz gearbeitet stehen wohlklingende, rätoromanische Bezeichnungen, wie Pra d’Bes-cha oder Fus-chader, die mir aber nichts sagen.

Eigentlich wäre genau jetzt, hier am höchsten Punkt meiner kleinen Nachmittagsrunde, eine ausgiebige Pause angesagt. Da die Sonne schon die Felsspitzen des Piz Lischana auf der gegenüberliegenden Seite bestrahlte und auch der Inn sein türkis-blaues Glitzern von vorhin in ein bedrohliches Dunkelblau getauscht hatte, wurde ich unruhig und brach zügig wieder auf, um noch bei ausreichend Tageslicht die unbekannte Abfahrt sicher fahren zu können. Gleich hinter der Bergstation ging es los, zunächst über ein Pfädchen ganz sanft über den Bergrücken auf den Abgrund zu…

Aber gleich an der Hangkante schaute ich ins Nichts. Der Pfad ging sacksteil und verblockt in die Senkrechte. Na toll! Osoft würde mich spätestens jetzt auf den Mars wünschen.. Ich schnappte mein Rad am Sitzrohr und hob es über die groben Steine. Nach wenigen Metern war der Spuk vorbei und es rollte wieder. In gut fahrbaren Spitzkehren, über rucklige Wurzelteppiche und nadelweichen Waldboden ging es abwechslungsreich den steilen Hang hinunter. Oberhalb der Schlucht des Bergbachs Clozza wurde es nochmals ausgesetzt, aber nie gemein und meist gut machbar.

In einer Spitzkehre, meist gut machbar ..

Die Funtana da Clozza, den sogenannten “Eichhörnchen-Brunnen” aus dem Mineralwasser sprudelt, ließ ich links liegen und rollte mit dem gerade noch ausreichenden Restlicht des Tages zu meiner Unterkunft zurück.

Hotel mit Panorama und Pumptrack nebenan 🙂

Der zweite Tag

Mein Hotel war nur einen Steinwurf von der Motta Naluns Bergbahn entfernt. So fiel mir die Entscheidung für die heutige Tagestour gar nicht schwer. Meinen ursprünglichen Plan durch das Val d’Uina zur Fuorcla da Rims aufzusteigen und über die Chamanna Lischana zurück nach Scuol, hatte ich beim Frühstücken verworfen, weil es mir auf einmal wie ein Himmelfahrtskommando erschien. Das nagte zwar noch eine Weile, aber vielleicht klappt es ja beim nächsten Besuch..

Mein heutiges Ziel war die “Fuorcla Champatsch”. Bis vor wenigen Tagen war der Übergang noch gesperrt. Durch den vielen Regen hatte es Felsrutsche und Murrenabgänge gegeben. Beim Aufstieg traf ich zwei fleissige Trailbauer der “Trailuniun” https://www.engadin.com/de/trailuniun die die Schäden beseitigten und dank deren Arbeit der Weg schon wieder begehbar war. Der Aufstieg zur Fuorcla Champatsch bot eine absolut aussergewöhnliche Kulisse. Zunächst ging es durch Blumenwiesen mit lässig grasenden Kühen und bald waren Felsen und Steine das bestimmende Element.

Soweit nichts Neues, aber vor meinen Augen lag plötzlich eine rostrote Mondlandschaft. So etwas hatte ich noch nicht gesehen, die Farbenvielfalt mit Schwerpunkt rot und grau war beeindruckend.

Farbspiele!

Oben am Sattel suchte ich mir ein windgeschütztes Plätzchen und genoss eine ganze Weile die einzigartige Umgebung.

Nach einer ausgiebigen Pause voller Vorfreude stach ich in die Abfahrt auf der anderen Seite des Passes. Der Trail legte sich in sanften Kehren in feinsten Schotter gebettet vor mir aus. Der Flow in dieser traumhaften Kulisse war einfach unbeschreiblich. Ich musste immer wieder anhalten und mich einfach nur umschauen. Nach einer kurzen, steinigeren Passage rauschte ich den kurvigen Trail weiter runter ins Tal. Neben mir plätscherte, jetzt wieder sanft, der Aua da Tiral. Bis zur Alm S. Flurin hatte ich 700 Tiefenmeter Genuss hinter mir. Der Weg wurde hier zwar wieder breiter, aber die Natur im Val Laver beeindruckte jetzt in allen erdenklichen Grüntönen.

So rollte ich locker und entspannt bis zum Abzweig Griosch, wo ich nach kurzem Gegenanstieg in den Trail zur gleichnamigen Beizen abbog. Ich entschied mich zur Weiterfahrt, weil ich die Schnapsidee nicht aus dem Kopf bekam, die letzte Bergfahrt der Motta Naluns Bahn noch zu schaffen. Im Nachhinein eine Fehlentscheidung, denn beim Überqueren der imposanten Hängebrücken kam ich mit einer Gruppe Biker ins Gespräch, die ich beim Aufstieg zur Fuorcla schon mehrfach gesehen und gesprochen hatte und die beschrieben mir die Bündner Gerstensuppe und Kaiserschmarrn in allen leckeren Details. Für den weiteren Weg gab es noch einige Insidertipps, die zu ein paar Extrametern führten, aber am Ende durchquerte ich den alten Ortskern von Sent und rollte durch die sanften Wiesenhänge wieder zurück nach Scuol. Am Abend kehrte ich ins benachbarte Hotel Belaval ein und probierte mit “Sapuns” eine Bündner Spezialiät. Echt lecker! Und genau das Richtige für einen hungrigen Biker. Gute Nacht..

2 weitere tolle Tage folgen noch..


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