Am 17. August Donnerstag morgens um 7:15 Uhr war es endlich soweit … mein Kumpel Osoft stand vor der Tür und wir wollten zum Biken nach Bella Italia – in die Dolomiten. Lange war unklar, ob wir so eine Sache überhaupt realisieren können. Mit Familie und Job sind die Zeitfenster meistens klein und wenig vorhanden. Eine mehrtägige Tour in den Alpen schien vorerst ein Traum zu bleiben. Trotzdem hatte ich im Winter mal auf Verdacht die Tabacco-Wanderkarte #7 gekauft und einige kleinere Rundtouren im Gadertal / Alta Badia geplant. Die Touren waren relativ kleine 2 – 4h Schleifchen mit Start und Ziel am gleichen Punkt. Im Kopf hatte ich dabei einen Familyurlaub mit dem Bike im Gepäck. Das wir schliesslich doch ein langes Wochenende frei bekamen, war eine tolle Überraschung. Schnell wurde aus den kleinen Ründchen eine grosse Schleife mit Hüttenübernachtungen gebastelt. Nicht einfach war schliesslich die richtige Packliste. Was muss man bei so einer Tour unbedingt dabei haben ? Alles sollte ja schliesslich in einen winzigen, tragbaren Rucksack passen. Der Wetterbericht unter Südtirolwetter (http://www.provincia.bz.it/meteo/suedtirol_d.htm) klang leider nicht wirklich vielversprechend: … immerhin wärmere, aber leider feuchte Luft sollte zum Wochenende in den südlichen Alpenraum einfliessen. Schauer waren also garantiert … in 2000m Höhe war die Temperaturvorhersage im Laufe der Woche wenigstens von arschkalten 6 auf nur noch kalte 10 Grad geklettert. Also mussten Regenjacke, Langarmtrikot und Fleece mit. Morgens war der Rucksack schliesslich gepackt. Mit der guten, alten Spiegelreflex war das Gewicht schon heftig. Aber der Foto musste auf jeden fall mit. Das Abenteuer konnte endlich beginnen … TAG 1: Donnerstag 17. August 2006 19.68km 02:37:23Std 7.65Avg 24.5Vmax 900Hm St.Vigil (1190m) – Pederü (1548m) – Lavarella Hütte (2040m) Die gesamte Strecke durch D bis zum Brenner hatten wir tolles Sommerwetter. Aber auf der Alpensüdseite war es leider trüb und dunstig – wie schon befürchtet. Naja, immerhin war es trocken und mit 19 Grad relativ warm. Gegen 14:30Uhr waren wir in St.Vigil und parkten das Auto vor dem örtlichen Schwimmbad. Es dauerte einige Zeit, bis wir mit den Bikes losfahren konnten. Alles Wichtige für die nächsten 4 Tage musste schliesslich mit. Alles andere musste im Passat bleiben. So gegen 3 Uhr mittags ging es dann los. Nach dem Ortsausgang von St.Vigil gab es parallel zur Asphaltstrasse einen Wanderweg zur Pederü Hütte. Ein meistens schmaler, verwurzelter Waldpfad durch schöne Natur direkt am rauschenden Bergbach entlang. Die Steinmoränen hatten sich zwischen den Bäumen ähnlich wie Lavaströme die Hänge runter gearbeitet. Der Weg liess sich, trotz der vielen Wurzeln gut fahren. Osoft verhakelte sich gleich am Anfang in seinen Klickies und haute sich schon bei KM 6 das Knie blutig auf. Und wir hatten immer wieder Zwangspausen, weil der neue Polar streikte und die Geschwindigkeit nicht aufzeichnen wollte. Ausserdem nervten die zirpenden, neuen Bremsbeläge an Osofts Kona. Nachdem wir den Polar mit Tape fixiert und die alten Beläge montiert hatten, ging es ohne grössere Unterbrechungen weiter. Hinter der Pederü Hütte war die Baumgrenze und es ging auf einem breiteren Weg durch ein Meer von Steinen. Wir waren umrahmt von hohen Felstürmen. Der Weg hatte einige steile Rampen zu bieten und der Rucksack wurde immer schwerer. Zu allem Überfluss fing es schliesslich doch noch an zu regnen. Während eines heftigen Regenschauers mussten wir anhalten, um den Regenschutz über den Rucksack zu streifen. Je höher wir kamen, desto spektakulärer wurde die Landschaft um uns herum. Überall liefen gurgelnde Bäche, waren grün bewachsene Felsformationen und alles umringt von den beindruckenden Felswänden. Leider hatten wir keinen blauen Himmel, wie auf den vorher oft bestaunten Bildern aus dem Fanes-Naturpark. Durch den Regen waren es hier oben gerade noch 12 Grad – weiter unten an der Pederü waren wir noch bei 17 Grad. Nach etwa 4 Stündchen kamen wir schliesslich an der Lavarella-Hütte an. Wir hatten schon unser Bett im Lager gebucht. Überraschenderweise war aber gar kein anderer Biker da – die hatten sicher vorher alle den Wetterbericht gecheckt und sind zuhause geblieben. Nur einige Wanderer saßen in der Stube beim Abendessen. Wir setzten uns mit den Bike-Klamotten an einen Tisch und bestellten gleich die Vorspeise: Kohlenhydrate in leckerster Form = Spaghetti Pomodoro. Gegen 7 Uhr sollte man übrigens auf der Hütte sein, sonst ist die Küche dicht. Wir liessen den Tag entspannt ausklingen und freuten uns auf Morgen. Lavarella Hütte im Fanes: 60EUR zahlten wir jeder für Übernachtung im 4er Lager, Abendessen und Frühstück. Auf der Höhenlinie des ersten Tages fehlen die ersten 8 Km und 200 Höhenmeter von St. Vigil, weil die Daten leider am Anfang nicht korrekt aufgezeichnet wurden.

TAG 2: Freitag 18. August 2006 44.89km 05:33:46Std 9.00Avg 63.6Vmax 1600Hm Lavarella Hütte (2040m) – Ju de Limo (2174m) – Fanesalm (2102m) – Col de Locia (2069m) – Valparola Pass-Straße (1660m) – Valparola Pass (2168m) – Falzarego Pass (2105m) – Castello Andrac (1748m) – Palla (1676m) – Teriol Ladin (2205m) – Col de la Ròda (1901m) – Contrin (1688m) – Hütte La Vizza (~1800m) Die Betten im 4er Lager waren viel zu kurz für grossgewachsene Menschen, so dass die Nacht nicht wirklich erholsam war. Und die Vorfreude auf den Tag bekam dann noch einen Dämpfer als sich die Gurgelgeräusche draussen nicht als rauschender Bach, sondern als strömender Regen entpuppten. Beim Frühstück war die Stimmung entsprechend gedrückt. Da waren wir endlich mal hier im Fanes und dann so ein Mistwetter .. Gegen 8:15 Uhr starteten wir dann schliesslich im strömenden Regen und Osoft meinte ganz trocken: “Los geht’s ! Heute regnet’s halt …”. Na dann auf zum Limojoch (Ju de Limo). Auf dem Weg hoch zum Joch kamen wir an der Faneshütte vorbei, wo unterm Dach einige Biker auf besseres Wetter warteten. Sie guckten uns ungläubig zu, wie wir im Regen den steilen Schotteranstieg hochkurbelten. Oben angekommen hatten wir überhaupt keine Lust an diesem legendären Ort anzuhalten. Das Holzkreuz an der Bank triefte vor Nässe und es zog ein eisiger Wind über den Pass. Alles war grau in grau. Wir fuhren gleich weiter. War ärgerlich – vor allem wegen der fehlenden Bilder. Kurz danach mussten wir den Unmut über das Sauwetter mal laut in Richtung Himmel schreien.

Und siehe da, Petrus zeigte sich sogleich gnädig und bescherte uns tatsächlich ein paar Sonnenstrahlen. Plötzlich tauchte sich die ganze Szenerie um uns herum in ein fantastisches Licht. Die ganze Schönheit der Landschaft war schlagartig da. Schnell kehrten wir nochmal zum Limojoch um und genossen jetzt das Traumpanorama.

Sonnenflecken zogen in rasendem Tempo über die inzwischen vielfarbigen Felswände. Immer mehr blauer Himmel kam zum Vorschein. Und das Beste: wir waren ganz alleine hier oben. Wir brauchten schliesslich doch einige Zeit, um uns loszureisen. Die weitere Fahrt durch die grosse Fanesalm war ein einziger Hochgenuss. Ausser uns war heute scheinbar niemand hier oben unterwegs. Die meisten Leute dürften morgens nach einem kurzen Blick aus dem Fenster wieder ins Bett gefallen sein. Das frühe Aufstehen mit Start bei strömendem Regen hatte sich gelohnt und aller Ärger war vergessen. Vorbei an der urigen – und überraschend kleinen – Grossfaneshütte ging es vorbei an mehreren Seen zum Col de Locia, wo am Ende nochmal ein kurzer Anstieg wartete. Am Col musste Osoft die neuen Bremsbeläge montieren. Beim Blick auf die bevorstehende Abfahrt bekamen wir weiche Knie. Der Pfad ging steil direkt an der Felswand runter. Und es fing es wieder an zu nieseln … egal, wir machten den Sattel runter und los. Gleich die ersten paar Meter waren sauheftig, aber zu schaffen. Dann kam eine S4 Passage in Form einer extrem steilen Treppe mit losen Felsstufen. Die war uns heute zu heikel. Wir hoben die Bikes drüber. Fies waren die querliegenden, nassen Holzbalken auf denen die Gummireifen keinen Halt fanden. Immer wieder kamen uns einige Wanderer entgegen, die uns staunend zuschauten, wie wir mit den Bikes den nassen Pfad runter drifteten. Die Abfahrt war dann leider doch schnell vorbei und wir rollten an der Capanna Alpina Hütte vorbei bis zur Pass-Strasse. Hier musste eine Entscheidung her: entweder die kurze Variante direkt nach Pralongia oder die grosse Schleife über den Valparola-Pass zum Col di Lana. Da jetzt die Sonne wieder mit aller Kraft schien, viel uns die Entscheidung leicht: Gemächlich kurbelten wir die 6.5km Strasse hoch bis zum Pass. Oben war die Aussicht ins Gadertal prächtig. Nach kurzer Verschnauf und Panoramapause ging’s weiter zum Falzaregopass, vorbei am alten Kriegsmuseum Fort Tre Sassi am Fusse des mächtigen Lagazuoi. Hier wäre eigentlich der richtige Zeitpunkt für eine Mittagspause gewesen, aber die Massen von motorisierten Touris gingen uns so auf den Sack, dass wir beschlossen sofort weiterzufahren. Einige 100 Höhenmeter tiefer im Hotel ….xxx….. gab es leider keinen Restaurantbetrieb mehr. Wir hofften vielleicht am Castello Andrac etwas Essbares zu finden – leider Fehlanzeige. Der Anstieg durch den Wald hoch nach Palla war heftig. Ein steiler Pfad führte auf direktem Weg den Hang hoch. Mit leerem Magen war das doppelt anstrengend, und die Müsliriegel hingen uns schon zum Hals raus. Irgendwann neigte sich der Weg wieder nach unten und es folgte eine interessante Abfahrt bis Palla. Dann hiess es etwa 400Hm auf einem Schotterweg hochkurbeln. Der Anstieg zog sich richtig in die Länge. Über der Baumgrenze wurde der Weg zum Pfad und leider wieder steiler. An einigen Passagen mussten wir sogar Klettern. Das kostete Körner ohne Ende. Schliesslich kamen wir auf den Teriol Ladin, einem Gedenkweg zum ersten Weltkrieg. Der Pfad war über weite Strecken nicht fahrbar.

Er verlief am Grasshang etwas unterhalb des Col di Lana – dem Blutberg – entlang und bot ein tolles Panorama auf die Marmolada. Wir benötigten fast 2 Stunden für die Strecke, bis es endlich wieder fahrbar bergab ging. Die Abfahrt über den Col de la Ròda bis nach Contrin war recht flowig. Am Col mussten wir den quer über eine Wiese verlaufenden Weg erstmal finden. Von Contrin schafften wir dann nur noch etwa 100 Höhenmeter und übernachteten am Fusse des Pralongia in der Hütte La Vizza. Es schien als wären wir die einzigen Gäste. Wir hatten den ganzen Tag nichts Richtiges gegessen. Und nach drei grossen Apfelschorle passte irgendwie nichts mehr rein. Am Morgen zahlten wir jeder satte 75EUR. TAG 3: Samstag 19. August 2006 32.90km 04:10:18Std 9.44Avg 60.2Vmax 1400Hm Hütte La Vizza – Ju d’Inzija (1920m) – Campolongo Pass-Strasse – oberhalb Corvara – Pralongia (2157m) – Alta Badia/St.Leonhard (1365m) – Ospizio La Crusc (2045m) Morgens regnete es wieder leicht. Das konnte uns aber nicht mehr schocken. Frisch gestärkt ging es den 1022er rauf in Richtung Pralongia. Bis zum Passo d’Inzija mussten einige steile Rampen bewältigt werden. Am Abend wäre das Ding eine echte Herausforderung geworden. Am Passo angekommen hatten wir eine tolle Aussicht zum Marmoladagletscher. Am Pass waren wieder 2 Hütten. Eine davon (Marmotta) machte von aussen einen ziemlich urigen Eindruck. An diesem Punkt beschlossen wir – im Nieselregen -, die ursprünglich geplante Tour abzukürzen. Die lange Schleife über den Bindelweg wollten wir uns fürs nächste Mal aufheben und dafür eine kleinere Schleife über den vielversprechenden Wanderweg zum Passo Campolongo drehen. Der 3er Weg war die erhoffte, schnelle Abfahrt. Zwischendurch gab es immer wieder tolle Blicke auf den gigantischen Sellastock. An der Passstrasse fuhren wir dann aber nicht links nach Arabba, sondern rechts in Richtung Corvara. Nach schneller Asphaltabfahrt, mussten wir den Einstieg auf den Schotterweg 24 zur Negerhütte finden, denn wir wollten wieder hoch zum Passo d’Inzija. Die Auffahrt bis zum Passo war locker. Aber ab dem Passo blieb die Steilrampe fast durchgehend unfahrbar bis zum Pralongia Gipfel. Oben stapelten sich die Tagestouristen. Wir hingen auf der Sonnenterasse ab. Auf der anderen Seite ging es dann quer über die Wiese abwärts. Ein Weg war nicht zu sehen. Wir rollten die steile Wiese runter. Und prompt, einen Moment unkonzentriert, flog Osoft in hohem Bogen über den Lenker. Er war auf einen dicken Grasbüschel aufgefahren. Aber die Landung war weich im Gras. Der Rest war ein langer Downhillflug auf dem 22er Schotterweg ins Tal. Am Bach entlang rollten wir dann in hohem Tempo etwa 7km weiter bis St. Leonhard.

Nach einem ausgedehnten Snack, womit wir wieder einige Regenschauer überbrückten, ging es an den letzten grossen Anstieg des Tages hoch zum Ospizio la Crusc. Wir fuhren den Weg 7a. Aber ab Andrac war wieder Schieben angesagt. Der Weg war einfach zu steil. Beim Schieben konnte man aber auch schön den im Abend licht rot leuchtenden, mächtigen Kreuzkofel betrachten. Die Schutzhütte Heilig Kreuz (italienisch -> Santa Croce, ladinisch -> La Crusc) liegt an einem tollen Panoramaplatz auf 2045m, am Fusse des senkrechten Kreuzkofel-Felsmassivs. Die Hütte liegt direkt neben der gleichnamigen Wallfahrtskirche. Die Leute in der Hütte waren freundlich und wir waren wieder die einzigen Biker. Das Essen war sehr lecker. Hier würden wir jederzeit wieder übernachten … TAG 4: Sonntag 20. August 2006 22.76km 02:05:29Std 10.89Avg 60.4Vmax 600Hm Ospizio La Crusc (2045m) – Ciurnadu – Ju de Rit (1892m) – St.Vigil (1190m) Als wir frühmorgens das kleine Fenster unserer gemütlichen Holzkammer aufmachten, kam endlich frische Luft rein. Wir hatten ganz schön ausgedünstet – die letzten Tage haben viel Kraft gekostet. Beim Frühstück hatte uns der Hüttenwirt noch empfohlen den 15er Weg zu nehmen, weil der 16er für Fahrräder nicht geeignet wäre. OK, da war uns klar, dass der Downhill auf dem 16er sicher interessant werden würde. Am Einstieg zum 16er muss man nochmal einige Höhenmeter hoch und auch öfters schieben.

Aber nach etwas Geduld kam dann schliesslich doch ein klasse Trail zum Vorschein: Wurzeln, Stufen, Steilstellen und alles in einer unwirtlichen, wunderschönen Landschaft. Zwischendurch sind wir noch über eine riesige Steinmoräne zu einem kleinen Gletscher geklettert. Als die Sonne über den Kreuzkofelfels rüberkam, tauchte sie die ganze Szenerie dann noch in ein traumhaftes Licht. Ein perfekter Schlusstag! Am Ende wurde der Trail dann nochmal richtig schnell und flowig, bevor es schliesslich auf Schotter bis zum Gasthaus Ciurnadu ging. Hier genehmigten wir uns dann erstmal eine ausgiebige Kaffeepause auf der Sonnenterasse. Auf Asphalt ging es dann über einige Weiler bis Runch und schliesslich auf Schotter steil hoch zum Ritjoch. Der letzte Anstieg forderte nochmal alle Reserven, war aber komplett bis zu dem kleinen See am Pass fahrbar. Die Abfahrt runter nach Vigil war dann relativ unspektakulär. Überwiegend auf Waldwegen ging es in einer grösseren Schleife am Steilhang hinunter.

Ab und zu gab der Wald den Blick auf Vigil frei und wir konnten von oben schon den Parkplatz vorm Schwimmbad erkennen. Nach der Abfahrt gab’s noch einen letzten Cappuccino Italiano in der Milchbar in der wir schon am Donnerstag gesessen hatten. Als wir wieder im Auto waren, gab es doch noch einen Wetterumsturz mit Platzregen und heftigen Sturmböen – am Ende hatten wir also doch Glück mit dem Wetter gehabt … beim Ciurnadu (sprich: “tschornaddu”) genossen wir noch die Sonne und jetzt am Brenner war Unwetter angesagt. In Innsbruck war der Spuk vorbei. Nur die Wolkenfetzen huschten noch über die nassen Berge. Tschüss Alpen und bis zum nächsten Mal … PTZ

Kategorien: '06Dolomiten

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