Mountainbiken in den Zentral-Vogesen – von Samstag 7. bis Sonntag 8. August 2010
.. und plötzlich war sie da – die seltene Möglichkeit ein ganzes Wochenende auf dem Bike zu verbringen. Die Family war schon ein paar Tage früher in den Urlaub gestartet, um die Verwandschaftsbesuche zu erledigen. Ich musste arbeiten und hatte daheim eine sturmfreie Bude. Früher hätte ich wahrscheinlich eine Party geschmissen. Aber ich hatte was anderes im Sinn. Abends wurde alles vorbereitet, damit ich am Samstag morgens zeitig aufbrechen konnte – Ziel: der “Parc Naturel Regional des Ballons des Vosges” – auf in die Zentral-Vogesen am “Le Hohneck”. (der ursprüngliche Plan in den “Südschwarzwald” zu fahren, wurde kurzfristig abgeblasen, wegen dem deutschen Wanderertag, der ausgerechnet an diesem Wochende in Freiburg stattfand).
Nachdem ich die 250km Anfahrt durch endlose Baustellen auf der A5, und an Strassbourg und Colmar vorbei, bis über den Rennradler/Motorrad/Cabriofahrer-Traumpass “Col de la Schlucht” geschafft hatte, war meine erste Station der ruhige, naturbelassene See “Etang des Dames” (698m).
TAG 1
Auf einem kleinen Waldsträsschen ging’s bei morgendlich, gemütlich, gleichmässigen 6% Steigung an einem gurgelnden Bergbach vorbei, bis zum Col du Louschbach und auf Strasse weiter zum Col du Calvaire oberhalb vom Lac Blanc. Hier war die Bergstation des Mountainbikeparks. Ich habe eine Weile zugeschaut, wie die Downhiller reihenweise, in voller Schutzmontur vom Sessellift nach oben befördert wurden um sich sofort wieder in die Abfahrt zu stürzen. Ich geb’s zu.. ich wäre ganz gerne mal einen Stich mit runter geheizt, aber ich hatte für heute andere Pläne: eine felsige 70Hm Tragepassage weiter war der Einstieg zum Naturpark “Gazon Faing”. Auf torfigen Pfaden ging’s ohne Höhenverluste durch eine sehenswerte Hochmoorlandschaft am Soultzeren Eck vorbei bis zum Taubenklangfelsen (1300m). Hier war mein Abzweig in einen vielversprechenden Trail. Auf der Karte machte die gestrichelte Wanderwegmarkierung vielversprechende Zickzacks runter bis zu meinem See 😉 In natura war das Weglein ein flowiger Single, der bis auf wenige Schlüsselstellen nicht wirklich forderte. Trotzdem insgesamt ein gelungener Auftakt für das Bikewochenende in den Vogesen!
Nachdem ich eine Bleibe für die Nacht in Wildenstein in der “Auberge du Soleil” gefunden hatte, konnte die Nachmittagstour starten. Von Wildenstein (600m) kurbelte ich zunächst die Strasse hoch bis zum Col de Bramont (956m) – wieder ein Paradies für Rennradler und Mopeds. Am Col hatte ich keine Lust mehr auf Asphalt und bin in einen Waldweg abgebogen, der in einem Bogen zum Col de L’Etang (1019m) führte. Ein englischsprechender Franzose bewunderte mein Bike. Er war aber laustark, entsetzt wie schwer der Bock doch war, trotz Hardtail. Mein Kommentar: “Alles massiv und stabil! Kein Leichtbau..” Er schwärmte mir überschwänglich von seinem SC Superlight Boliden vor. Jeder wie er mag..
Vom Col querte ich steil, zum Teil schiebend, wieder bis zur Strasse “Route des Americains” und kurbelte die letzten Höhenmeter über die Baumgrenze bis unterhalb des imposanten “le Rainkopf”. Bei 1200m schliesslich begann meine Abfahrt :-)). Die -200Hm zurück zum L’Etang war ein einziger Biketraum – eine Kehre jagte die nächste – geil! Das Vergnügen war – wie so oft – leider viel zu schnell vorbei. Ich musste um den Ronde Tete herum und es gab wieder einige +m zu schieben. Als Entschädigung kam ich an einem wunderschönen Aussichtspunkt auf den “Lac de Kruth”, wohl einer der tiefsten Seen des Elsass, vorbei. Als Tagesabschluss hatte ich schliesslich noch den “l’Altenberg” (1197m) auf dem Programm. Vom Col de Bramont (956m) sah das machbar aus, aber es wurde schnell steiler und bei >20% musste ich schiebend weiter. Zum Glück bin ich über den “falschen Pfad” aufgestiegen, denn so kam ich – quasi zufällig – über das grasige Hochplateau “La Vieille Montagne”. Es war schon später Nachmittag, die Sonne stand tief und beleuchte die Szenerie mit fantastischem Licht. Ich musste lange verweilen und alles in mich aufsaugen, bevor ich nächste Woche wieder im muffigen Büro versauern darf. Der letzte Pass des Tages war der “Col de Pourri Faing” (1112m). Als der genommen war, ging es auf einem endlosen Single runter bis direkt vor die Haustür meiner Auberge – um 20:00Uhr war’s Zeit für ein leckeres Abendessen.
Die Auberge hatte was, war aber fast leer – neben mir war nur noch eine Familie einquartiert. Es gab Elsässer Ofentopf Eintopf aus verschiedenen Gemüse und Fleisch – na dann Mahlzeit und gute Nacht!
TAG 2
Das Frühstück gab’s in einem Raum mit uralten Möbeln, vergilbten SW-Bildern und einem riesigen Kamin. Die Wäsche stand zum Trocknen in einer Ecke. Die Franzosen im Elsass sind ein sympatisches Völkchen .. übrigens auf sämtlichen Wanderwegen und waren sie noch so eng und verblockt, wurde ich mit einem freundlichen “Bonjour!” begrüsst und in kleine Gespräche verwickelt. Niemand hatte ein Problem mit Bikern im Wandererrevier – schön.
Vormittags war Regen gemeldet, aber draussen war’s noch schön. Vom Balkon konnte man schon die Morgensonne auf den Gipfeln sehen. Ich beeilte mich mit dem Frühstück und fuhr zeitig im Auto hoch zum Hohneck. Vom Parkplatz waren es noch schlappe 111 Hm bis zum Hohneck-Gipfel (1363m). Es war noch früh und wenig los. Ich nutzte die Gelegenheit zum Knipsen. Die Wolken flogen mit rasender Geschwindigkeit über den Berg. Mal schien die Sonne grell zwischen ihnen durch und im nächsten Moment war es total duster. Ich war von dem Naturschauspiel so beeindruckt, dass ich gar nicht mitbekam wie von Westen eine schwarze Wolkenwand anrollte. Sie war fast da, als ich sie erst bemerkte. Der Wind wurde plötzlich stark! Ich musste schnell abfahren – in einem kleinen Wäldchen am Nordhang des “Petit Hohneck” suchte ich Schutz vor dem einsetzenden Regen. Ein ausgewachsenes Gewitter gab’s zum Glück nicht und nach 30min war der Spuk wieder vorbei. Für den Rest des Tages gab es nur noch leichten Nieselregen, abwechselnd mit sonnigen Abschnitten.
Bei der Auberge “Schallern” wartete noch eine fiese Tragepassage. Aber nur kurz, bis zur Berghütte “Schiessroth” (1142m) querte ich den freien Grashang auf einem wunderbaren, fast durchweg fahrbaren Pfad. Durch den “Wormsawald” am “Lac Schiessrothried” vorbei bis zum “Lac de Fischboedle” (794m) führte ein echter Zuckertrail, für den alleine sich die weite Anfahrt lohnte – etwas Bikebeherrschung vorausgesetzt 😉
Nach verdienter Pause am ruhigen See folgte ein harter, nahezu komplett fahrbarer aber sehr kraftraubender Anstieg über fast 400 Hm zur Berghütte “Kastelbergwasen” (1166m). Unglaublich, die “Wandersleut” fahren hier über einen Schotterweg mit dem Auto hin – entsprechend Betrieb war auf der Sonnenterasse. Mir war’s zu windig und zu voll. Ich wollte zurück zum Auto. Auf dem Weg zur “Route des Cretes” (so heisst die Strasse die auf 1200m über die grosse Bergkette Rainkopf – Kastelberg – Hohneck führt), kam ich am Abzweig zur “Tagweidle” vorbei und bin direkt abgebogen. Der Pfad führte bei gemütlicher Steigung etwa 100Hm hoch bis zur “Tour de la Bresse”. Dieses Weglein war ein Biketraum! Er führte kilometerlang, mit weitem Panorama, immer knapp an der Hangkante entlang, bis zurück zum Hohneck. Wow! Was für ein schöner Abschluss..
Denkste Schluss! Auf der Karte war am “Col de la Schlucht” ein Zickzack-Pfad mit vielversprechender Topografie eingezeichnet. Den wollte ich unbedingt noch antesten. Am Col war jetzt die Hölle los: Autos, Busse, Mopeds, Rennradler, Wanderer, … schnell parken und nix wie weg hier! Der Einstieg in den “Strohmeyerpfad” war schnell gefunden. Von 1139m auf 828m in vielen, engen Spitzkehren und nur wenigen Minuten. Leider gab’s einige Brennesseln die zwangen die Kehren sauber auszufahren 🙂 Am Ende des Trails führte ein Waldweg wieder zurück zur Strasse. Die 200m hoch zum Col gab’s nur ein Ziel: kein Rennradler überholt mich hier! Gesagt, getan.
Das war’s! Mountainbiken am Hohneck in den Vogesen ist richtig geil! Ich komme wieder, das nächste Mal aber am liebsten mit meinen Bikekumpels ..
PtZ, 11. August 2010
Fahrleistungen:
Tag 1: 42,49km 5:02:08Stdnetto 8,4Avg 39,5Vmax 1610HM Steigung 6%schnitt 20%max
Tag 2: 26.98km 3:18:28Stdnetto 8.1Avg 40,0Vmax 1014Hm Steigung 6%schnitt 28%max
PS: Alle Bilder by PTZ gemacht mit Selbstauslöser. Rider PTZ.
1 Kommentar
osoft · 30. Oktober 2010 um 20:13
…liest sich sehr viel versprechend. Freue mich schon auf die Live-Berichterstattung beim nächsten Uphill. Stelle mir gerade vor, was Du meinst, wenn Du schreibst, “kraftraubender Anstieg über 400hm” – wahrscheinlich Sauerstoffzelt für O-Soft!!! Oder “…etwas Bikebeherrschung vorausgesetzt” – O-Soft schiebt um die nächste 180 Kehren bergab!!! Toll! Bei den Franzosen möchte ich auch mal ne Tour mit Übernachtung machen. Pic #6 gibt den flair am Besten wieder.