(Bericht überarbeitet im Mai 2021 von PTZ)

Im Herbst ’17 erlebte ich einen sportlichen Tiefpunkt. Das Knie zwickte und erzwang eine längere Bikepause. Die uralte Sportverletzung war wieder aufgebrochen und verlangte viel Pflege und Aufmerksamkeit. Erst nach ein paar Monaten Schonung fing ich langsam mit Bewegungsübungen an. Ich musste viele der mit der Zeit wieder vergessenen Dehn- und Kräftigungssequenzen, neu erlernen und bastelte so fleissig an meinen Stützmuskeln. Diese neuen, alten Erfahrungswerte zeigten schnell äusserst positive Effekte auf alles. Im Frühjahr machte ich erste Fahrversuche auf dem Ergometer und schon kurze Zeit später saß ich wieder auf dem Bike. Vom Pensum früherer Jahre konnte ich zwar zunächst nur träumen, aber ich war froh und dankbar und wählte meine Touren mit Bedacht aus und das Wichtigste: ich machte regelmäßig meine Übungen.

Bis zum Sommer kamen einige Ausfahrten zusammen und es klappte so gut, dass ich wieder mit dem Planen anfing. Nachdem ich immer mal wieder etwas über die epischen Trails in Davos aufgeschnappt hatte, schaute ich mir das Gebiet im Landwassertal genauer an und bastelte mir ein paar Touren nach meinem Geschmack und meiner aktuellen Form zusammen. Die Vorfreude wuchs natürlich von Tag zu Tag und im August 2018 war es soweit. Ich war unterwegs zum Bergradln in Davos.

7. August 2018, Dienstag

Die Anreise durch das Prättigau über Klosters ins 1560 Meter hoch gelegene Davos gestaltete sich eher unspektakulär. Kein Vergleich zum Albulapass nur einen Steinwurf weiter. Der erste Eindruck von Davos war, dass es ein ziemlich hässliches Dorf ist. Zum Glück musste ich noch ein kleines Stück weiter fahren. Ich hatte mich in Davos-Glaris einquartiert. In Laufweite zur Rinerhornbahn nächtigte ich in der RinerLodge, die ich mir mit den Besuchern des Campingplatzes teilen musste. Immerhin hatte ich ein festes Dach über dem Kopf, denn die nächtlichen Temperaturen waren trotz August eher sportlich. Es war eine einfache, aber dafür kostengünstige Unterkunft. Und im urigen Restaurant Blockhuus, gleich bei der Talstation der Bergbahn, wurde ich morgens immer gut mit Frühstück versorgt.

Zum Auftakt gleich den Pischatrail

Die Auftakttour begann leider gleich mit einer Fehlplanung. Aber man lernt ja bekanntermaßen nie aus. Die Strassenauffahrt von Davos-Glaris bis zum Abzweig ins Flüelatal wollte ich schlauerweise mit der Rhätischen Bahn entspannen. Das uralte Bahnhofshäuschen am kleinen Bahnhof von Glaris schaute einladend zu mir rüber. Nach einer Weile kam der Zug, allerdings war schon zwei Stationen weiter in Davos-Platz die Endstation und ich musste wieder raus. Ganz so weit war es dann zwar nicht mehr, bis kurz vor dem Davosersee hinter Davos-Dorf der richtige Abzweig kam, aber die Aktion hätte ich mir sparen können. Besser wäre ich das Stück mit dem Auto gefahren. Der große Parkplatz an der Bahn zum Jakobshorn ist im Sommer frei und abends wäre ich nicht im dunkeln auf der Straße unterwegs sein müssen. Hinterher ist man halt schlauer 🙂

Am Flüelabach entlang ging es jetzt aufwärts ins Flüelatal. Vorbei an den riesigen Flugschanzen der Slopestyler und weiter auf dem Wanderweg. Die Passstraße hochkurbeln hatte ich keine Lust. Die Rechnung war ein kräftezehrender Anstieg über gute 400 Höhenmeter bis zum Tschuggen. Hier hätte ich ins Gasthaus einkehren können, aber ich fuhr schon jetzt gegen die Zeit. Es war bereits später Nachmittag als sich der Tschuggenberg vor mir aufbaute. Versuchte ich vorhin noch möglichst viel zu fahren, ging ich mehr und mehr zum Schieben über. Die Devise war den Puls ausserhalb des roten Bereichs zu halten. Die Landschaft war genial und lud immer wieder zum Umschauen ein – jedesmal sehr willkommen zum Verweilen und Durchschnaufen. Ein oder zwei Motivierte überholten mich fahrend auf ihren Boliden. Die hatten deutlich mehr Wadenschmalz in den Beinen.

Seltenes fahrbares Stück beim Aufstieg am Tschuggenberg, meistens war Schieben angesagt. Oben rechts der Flüelapass.

In meinem knieschonenden Urlaubstempo stieg ich weiter auf den Flüelaberg bis zur Bergstation Pischa, immerhin 2482m hoch gelegen. Der Lift hatte nur Winterbetrieb und alles wirkte ausgestorben. Das war gut, denn ansonsten wäre hier vermutlich deutlich mehr los. Diese Abfahrt musste man sich hart erarbeiten, gut so! Hier oben angekommen hatte ich den höchsten Punkt der heutigen Tour erreicht.

Was jetzt folgte bekam seinen Platz in meiner persönliche Bestenliste an schönen Abfahrtstrails ganz weit oben …

Auf der Verlängerung des Pischagrats verlief der Wanderweg oben auf der Krete. Rechts und links fiel der Hang steil ab, aber der Weg auf dem Kamm hatte nur wenig, aber gerade genug Neigung, so dass der Flow stimmte. Über mir beobachtete das Pischahorn mein Tun. Tief unten im Landwasser-Tal leuchtete der Davosersee schon im Abendlicht. Weiter hinten war freie Sicht bis zum Flüelapass. Der Bikeride über diesen Hochgebirgskamm war ein Hochgenuss, den man nicht alle Tage geniessen darf.

Blick zurück auf die geniale Passage von der Pischabergstation über die Krete. Die Sonne stand schon sehr tief.

Vor dem Hüreliberg zweigte der Wanderweg ab ins Ober Tälli, ein kleiner Aussichtspunkt inklusive. Ich wollte die Schoner anziehen, merkte dabei das ich nur noch einen besaß. Der andere hatte sich beim Aufstieg irgendwann unbemerkt verabschiedet. Okay, dann ohne. Bei der kurzen Pause kamen einige BikerINNen vorbei und man merkte doch, dass es hier um ein Juwel ging, was entsprechend beliebt war. Extrem ausgefahren war der Weg aber nicht. Die Pflege der Wege in der Davoser Region funktionierte offensichtlich super. Automatisch benahm man sich und versuchte keine Spuren zu hinterlassen – wie eigentlich immer. Anfangs war der Weg etwas technischer und steil, mit ein paar schönen, engen Kehren, aber weiterhin mit extrem hohen Flowfaktor.

Die Zeit rannte und gab kaum Gelegenheit für längere Fotosessions. Aber ein Panorama an dem kleinen Sattel mit den Seechen musste sein.

An einem kleinen Sattel rollte ich zügig an 2 hübschen Seechen vorbei, bevor der Trail am Arbeliboden scharf links in den Steilhang am Drussetschaberg in die andere Richtung drehte und etwas ausgesetzter den Puls automatisch wieder in die Höhe trieb. Es gab wieder einige Zickzacks und ab hier hatte ich den Davosersee immer fest im Blick.

Noch schnell ein Bild vom Trail und dem Davosersee bevor das Licht weg war.

Über den Weiler Drusatscha rollte ich fast kerzengerade am rauschenden Drussetschabächli entlang bis zum Seeufer. Der spannende Teil war somit vorbei und der Tag auch. Bei wenig Licht musste ich die Strasse zurück nach Davos-Glaris abrollen. Das ging halbwegs gut, wegen der leichten Neigung, aber war kein Zuckerschlecken am Ende der Tour. Zum Glück hatte es kaum Autoverkehr und ich kam heile in meinem Quartier der RinerLodge an. Das Abendessen viel flach, denn das Blockhuus war schon dicht. Ich plünderte was ich im Rucksack fand und legte mich, nachdem ich mit daheim telefoniert hatte, früh ab. Schnell noch ein paar Dehnungsübungen fürs Knie und ab ins Bett. Für Morgen hatte ich was richtig Großes vor..

8. August 2018, Dienstag

In der Welt des Ducan: zuerst ein epischer Trail und dann eine Abfahrt die alles noch toppte!

Nach dem Frühstück im Blockhuus rollte ich direkt rüber zur Rinerhornbahn. Das Knie war okay! Fast für umme wurde ich die 600 Höhenmeter zur Bergstation Jatzmeder geliftet. Knapp über der Baumgrenze war die Aussicht bereits sehr vielversprechend. Ohne viel an Höhe zu verlieren querte ich den Hang einige hundert Meter bis Nidel Löffel. Hier wurde der Weg zum Pfad. Ein Schild wies auf Trail-Toleranz hin. Diese Wege hier benutzen Wanderer und Biker gemeinsam. Ein Konzept, das sehr gut zu funktionieren scheint. Der jetzt folgende Abschnitt war berühmt, gehörte er doch zum bekannten “Alps Epic Trail Davos”. Der längste Singletrail der Schweiz. Und er ist im Kreis der besten Mountainbike-Trails der Welt, ausgezeichnet von der IMBA International Mountain Bicyling Association. Na dann mal los! Und wirklich dieser Pfad machte einen Höllenspaß. Über die Hauderalp bis zur Oberalp verlief das Pfädchen mit leichtem Gefälle und kleineren, gut machbaren Gegenanstiegen knapp an der Baumgrenze und tauchte immer mal wieder tief in den Zauberwald ab. Der Wegverlauf war recht anspruchsvoll, aber alles gut fahrbar. Von der Bergkette der großen Hörner Rinerhorn, Leidbachhorn und Alplihorn fiel der Hang ins Landwassertal sehr steil ab, so daß der eine oder andere Adrenalinschub auf dem Bike nicht ausblieb. Aber der Erlebnis- und der Spaßfaktor stimmten zu 100%. Ich hatte nicht erwartet hier so wenige Wanderer und kaum andere Biker anzutreffen. Intensive fünfundvierzig Minuten Trailride brauchte ich bis zur Oberalp. Hier im weichen Gras vor der Hütte gönnte ich mir ein kühles Shorley und hielt erstmal ein kleines Nickerchen in der Sonne ab. Ich war ja schließlich im Urlaub. Direkt an der Hütte begann der Aufstieg zur Fanezfurgga.

Nach der Steilstufe eine kurze fahrbare Stelle über die grünen Wiesen oberhalb der Oberalp.
Nur kurze Stücke waren fahrbar, meistens musste geschoben oder getragen werden.

Über weite Strecken musste ich meinen Hobel tragen und nur kurze Passagen waren fahrbar. Die Fanezfurgga war ein kleiner Passübergang und ich hatte hier die Qual der Wahl: direkt abtauchen ins Ducantal oder weiter?

Fanezfurgga Passhöhe.

Der Weg runter sah sehr verlockend aus. Aber ich wollte weiter aufsteigen und es sollte sich lohnen! Nur 100 Meter weiter oben war mein Ziel schon in Sicht und schien erreichbar.

Die geile Abfahrt war in Sicht, aber ich erstmal weiter h o c h !
Die Landschaft wurde von Meter zu Meter spektakulärer! Hinten das Ducantal durch das ich später wieder abstieg..
Schöne Blümchen im Fels!

Um mich herum waren seit geraumer Zeit nur noch Steine und ganz wenige Pflänzchen, die sich eng an die Felsen schmiegten und ihre Blüten hoch zur Sonne streckten.

Bald schon stand ich oben am Pass: Fuorcla digl Ducan oder auch “Ducanfurgga”. Der Aufstieg auf die 2664m Höhe war geschafft! Ich suchte mir eine windgeschützte Stelle in den Felsen und ließ die Szenerie in dieser herrlichen Natur lange auf mich wirken. Mein Ersterklasse-Aussichtsplatz hier mitten in der Natur und die Bergwelt um mich herum ganz großes Kino.

Das letzte Stück vor der Nase! Die Passhöhe in Sicht.

Zwei Biker kamen von der anderen Talseite auf den Pass. Sie waren von Bergün durch das Val da Stugl aufgestiegen und hielten sich nur kurz auf, was sich als mehrfacher Fehler herausstellte.

Fuorcla digl Ducan: PTZ am Ducanfurgga Pass!

Ich finde ja wenn man schon mal an einem so schönen Flecken Erde ist muss man es geniessen. Ausserdem hilft eine Pause immer, vor allem wenn eine anspruchsvolle Abfahrt bevorsteht. Prompt hebelte sich der Vorausfahrende an einer Steilstelle über den Lenker und landete unsanft im Fels. Zum Glück war nichts Schlimmeres passiert und die Blessuren konnten schnell verarztet werden. Aber die beiden hatten es weiterhin eilig und stürmten wieder in die Abfahrt. Ich dachte mir nur, bleibst du noch ein bisschen Sitzen und genießt weiter den Moment. Beim Blick in die Tiefe ins Ducantal, war der Wegverlauf gut zu erkennen. Wie eine weiße Schnur schlängelte sich der Pfad durch das grüne Tal. Die Vorfreude auf die Abfahrt steigerte sich ins Unermessliche.

Irgendwann schaffte ich es mich von meinem Logenplätzchen loszureißen. Vorsichtig startete ich in die steile Abfahrt.

Am Beginn der steinigen Abfahrt vor dem Ducangletscher.

Das erste Teilstück bis unterhalb der Fanezfurgga war ruppig und sacksteil, viel Schwimmschotter und grober Fels.

Die wärmenden Strahlen der Nachmittagssonne tauchten die Szenerie in unwirtliche Farbspiele.

Aber was danach kam, war ein Genußtrail allererster Güte.

Ein Spalier aus spitzen Felsformationen säumte den Weg.

Das Weglein steht inzwischen ganz oben einsortiert in meinem persönlichen Ranking.

Die eindrückliche Wand des Hoch Ducan Massivs leuchtete in allen Farben in der Nachmittagssonne. Überall pfiffen Murmeltiere und kündigten mein Vorbeifahren an. Die Vegetation explodierte je tiefer ich kam. Ich rollte durch Blumenmeere von bunten Farben und duftenden Wiesen. Der Flow war jetzt schier grenzenlos und der Wegverlauf lud immer wieder zum Spielen und kleineren Sprüngen ein. Ein Heidenspaß!

Ein herrlicher Blumenteppich wurde vor mir ausbreitet.

An einer sonnigen Stelle legte ich mich ins Gras und genoss die wärmende Sonne. Von unten kam ein Bikerpärchen den Berg hochgekurbelt. Die hatten eBikes und berichteten wie sie, mit der richtigen Technik aus Motor und Körperbeherrschung, die steilsten Anstiege fahrend und im Sattel bewältigen konnten. Das klang ganz nett, konnte mich aber nicht wirklich begeistern. Ich war ja sowieso gerade glücklich bergab unterwegs.

Während ich ruhig in der Sonne lag, traute sich ein Murmeltier ganz nah ran.

Jetzt kam ich der Mitte des Taleinschnitts mit dem rauschenden Ducanbach langsam immer näher. Hier kam kaum noch Sonne hin und über dem Bachlauf lagen dicke Altschneefelder vom letzten Winter unter denen sich das Wasser seinen Weg suchte. Nach der ersten Überquerung kam ein kurzer, heftiger Gegenanstieg der ganz ordentlich in den Beinen schmerzte. Und kurz vor dem Talboden kam schließlich noch das i-Tüpfelchen einer genialen Abfahrt: das Pfädchen schlängelte sich kurvenreich durch ein kleines Zauberwäldchen, bevor ich schlußendlich im im Sertigtal landete.

Herrlicher Wegverlauf oberhalb des kleinen Wäldchens. Im Hintergrund das grüne Sertigtal.

Hier ging nach rechts oben der Aufstieg ins Chüealptal los, natürlich neben einem rauschendem Bergbachlauf, dem Kühalpbach. Das sah sehr einladend aus und war mein Plan für Morgen. Ein verwitterter Wegweiser lotste mich noch auf einen kleinen Umweg zum Wasserfall, den ich allerdings zu Fuß machte. Prompt glitt ich über einen rutschigen Tritt und landete mit der rechten Hand unsanft auf einem Felsen. Die kleine Prellung kühlte ich sofort im eiskalten Wasser, welches hier überall den Hang herunter strömte. Das half gut, aber der Ärger über mein Ungeschick blieb. Im weiteren Verlauf rollte ich ganz entspannt durch die urigen, kleinen Dörflis im Sertigtal und widerstand wegen der fortgeschrittenen Zeit und zunehmender Bewölkung einer Einkehr. Ich folgte den Wanderwegen durch die Wäldchen oberhalb des herrlich grünen Sertigtals, bis ich bei Davos Clavadel wieder im Landwassertal ankam und rollte erneut die Straße hinab bis zu meinem Domizil in Davos-Glaris. Was für ein Tag!

9. August 2018, Mittwoch

Am nächsten Morgen saß ich etwas bedröppelt beim Frühstück, denn es regnete in Strömen. Eigentlich hatte ich zwei große Pässe für heute geplant. Mein Knie hatte die Anstrengungen des gestrigen Tages gut überstanden und ich war optimistisch. Ich hatte auf dem Zettel von Davos-Platz mit dem Bähnli auf das Jakobshorn und unterhalb von Jatzhorn und Witihüreli den Hang zu queren und auf Abschnitten des bekannten “Alps Epic Trail Davos” ins Sertigtal abzufahren und nach der Durchfahrung durch das Chüealptal zum Sertigpass aufsteigen. Aber bei dem Mistwetter machte das wenig Sinn. So überlegt ich mir einen Ausweichplan. und rollte zunächst wieder über die Bahnschienen rüber zur Talstation der Rinerhornbahn. Der Bahnangestellte erkannte mich sofort von Gestern wieder und wollte wissen, was ich für Heute vor hatte. Er machte mir Mut und meinte das Wetter würde sich bessern und ich sollte die Pässe ruhig probieren. Always trust a Bähnli-Angestellter!

Zwei große Pässe: Über den Sertigpass und den Scalettapass

Und tatsächlich wieder oben an der Bergstation Jatzmeder klarte es tatsächlich auf. Ich hielt mich nicht lange auf und rollte am aussichtsreichen Hang entlang, leicht ansteigend in Richtung Äbirügg.

Der aussichtsreiche Hang des Rinerhorns

Dort startete der Trail ins Sertigtal. Am Einstieg wieder der freundliche Hinweis auf “Trailtoleranz”. Da hielt ich mich natürlich dran, ließ die Bremsen aber meist offen, denn der Trail war klasse: kurvig, schmal, Wurzeln wo man sie brauchte, gut verteilte Steine, bissl Fels, einfach schön geil! Zwischendurch gab es immer wieder tolle Ausblicke ins Sertigtal mit seinen kleinen Häuseransammlungen. Da scheint die Welt noch in Ordnung zu sein und die Uhren ticken langsamer.

Am Ende des Trails ins Sertigtal mit seinen urigen Dörflis.

Einige Trailkühe hatten sich von der Weide her verirrt und blockierten den Weg und ich musste vorsichtig vorbei manövrieren, immer den Sound der Glocken im Ohr. Unten im Sertigtal angekommen rollte ich fast eben bis zu seinem Ende am Wasserfall. Hier war ich Gestern nach der Abfahrt durch das Ducantal aus dem Hang gefallen. Heute hielt ich mich links und begann den langen Aufstieg oberhalb des Kühalpbachs durch das Chüealptal. Der Weg war sacksteil, anfangs auf Asphalt, später weiter auf Schotter. In Höhe des kleinen Grünsees begann der Wanderweg. Es war ein hartes Stück Arbeit, kein einziger Meter war mehr fahrbar. Das Rad blieb auf den Schultern und ich kämpfte mich Schritt für Schritt den steilen Hang hinauf. Ich hatte einige freundliche Begegnungen mit Wanderern, aber andere Biker gab es hier oben heute keine. Sportliche 900 Höhenmeter mussten bis zum Pass bewältigt werden.

Hart, härter, Aufstieg zum Sertigpass..

Hier auf der Nordseite des Hangs hatte es einige Schneefelder und in der Höhe dominierten Fels und Steine. Nach über 3 Stunden Plackerei Stand ich endlich oben auf der Passhöhe und es eröffnete sich ein grandioser Blick auf die Südseite und die alles dominierenden Piz Porchabella und Piz Kesch mit ihren leuchtend weißen Gletschern.

Endlich oben auf dem Pass!
PTZ auf dem Sertigpass 🙂

2016 hatte ich auf dessen Südseite in der gleichnamigen Berghütte Chamanna d’Es-cha genächtigt, nachdem ich vom Engadin aufgestiegen war. Erinnerungen an diesen mehrtägigen Bikeausflug in die herrliche Schweizer Bergwelt wurden wach.

Nach einer längeren Pause an diesem Panoramalogenplatz startete ich die Abfahrt ins Val Funtauna. Der Weg war eher unspannend. Aber das Panorama stimmte. Rechts kamen die beiden Ravais-Seen zum Vorschein und ich ärgerte mich, dass ich nicht die direkte Abfahrt vom Pass runter zu den Seen gewählt hatte.

Die Abfahrt vom Sertigpass in einer Landschaft wie gemalt mit den Lai da Ravais im Hintergrund.

Ich war ganz schön verwöhnt von den tollen Wegen, die ich in den letzten Tagen befahren durfte und hatte entsprechend sehr hohe Erwartungen. Leider fiel diese Passage da etwas ab. Ich hoffte auf die Querung in luftiger Höhe oberhalb des Val Funtauna. Aber auch hier hatte ich wieder eine Niete gezogen :-(. Zu Fuß wäre es sicher eine Wucht, aber mit dem Bike war er es das definitiv nicht! Ich quälte mich meist schiebend über das endlose Wegstück und ärgerte mich schon wieder, dass ich vorhin nicht weiter abgefahren bin und den unten am Flüsschen Ova Funtauna verlaufenden Weg genommen hatte. Ich verlor viel Zeit und kam nur im Schneckentempo voran. Immerhin beeindruckte das Panorama, das ich bei jeder Pause von hier oben geniessen konnte.

Wanderwege sind zum Wandern da … besser wäre ich unten durch das Val Funtauna gefahren.

Die Aussicht konnte es trotzdem nicht entschädigen, denn das hier war mit dem Bike einfach nur ein großer Sch…ß. Einziger Trost war, daß ich mir gut 350 Höhenmeter bergauf ersparte, die ich untenrum zusätzlich von der Alp Funtauna bis zu meinem zweiten Pass des Tages, dem Scalettapass, hätte mehr aufsteigen müssen. Und so kam ich total platt am Scalettapass an und selbst die Bergziegen, die freundlich grüßten konnten mich nicht wirklich aufheitern. Was blieb war die Hoffnung auf eine geile Abfahrt ins Dischmatal.

Am Scalettapass 2606m.
PTZ am Scalettapass 🙂

Hier oben am Scalettaplass hielt ich mich nur kurz auf. Die Aussicht konnte nicht ganz mit dem bereits erlebten mithalten. Der Übergang war rundherum von Dreitausendern eingekesselt. Leider war auch die Abfahrt nicht der erhoffte, epische Supertrail. Relativ breit und unspektakulär zog sich der Wanderweg in weiten Kehren über die vielfarbigen Steinwüsten dem Talboden entgegen. Ich machte die Bremsen auf und ließ es einfach rollen. Superschön waren die vielen Wasserläufe, die von allen Seiten die Berghänge heruntergurgelten. Als es langsam grüner und grüner wurde verlief der Weg teilweise direkt an den Wasserläufen, die hier plötzlich überall waren. Das kühle Nass suchte sich unzählige Wege den grasigen Hang runterzulaufen. Ich musste immer wieder kurz anhalten und den Kopf ins glasklare aber sportlich kalte Wasser stecken. Das war jetzt wieder ein ganz besonderes Naturerlebnis allererster Güte und es entschädigte für die recht langweilige Abfahrt.

Unzählige Wasserläufe luden zum Naturgenuß ein. Hinten der Piz Grialetsch und ein bisschen was vom Gletscher.
Mein hochverdientes Abendessen

Am Dürrboden mit dem gleichnamigen Berggasthaus begann ein kleines, asphaltiertes Strässchen. Ich blieb auf dem Wanderweg, der parallel zur Strasse verlief und rollte entspannt weiter abwärts durch das Dischmatal. Immer wieder waren in den grünen Hängen freilaufende Pferde zu sehen. In dem kleinen Weiler Teufi kehrte ich schließlich ins gleichnamige Gasthaus ein und genoss das superleckere Essen auf der Terasse, bevor ich den Rückweg nach Davos-Glaris antrat und kurz nach Einbruch der Dunkelheit in der RinerLodge aufschlug.

Ich blieb noch eine Nacht und machte mich am nächsten Morgen mit einem kühlen Kopf voller prächtiger Erinnerungen und glücklich, dass mein lediertes Knie die Strapazen alle mitgemacht hatte, auf den Weg nach Hause.
Hier in Davos war ich bestimmt nicht das letzte Mal 🙂 …

Fahrleistungen vom 7. – 9. August, 2018:
Pischa 34.47km, 4:11:31h, 8.22Vavg, 40,98Vmax, 822HM, -896TM.
Ducanfurgga 29,57km, 3:11:51h, 9.24Vavg, 40,6Vmax, 453HM, -1486HM.
Sertigpass / Scaletta 44,09km, 4:32:36h, 9,7Vavg, 43.57Vmax, 512HM, -1602TM.

Bergradeln in Davos:
Da wo’s famos ist!
Da wo’s hoch hinaus geht!
Da wo’s als Baiker willkommen bist!
Da wo’s gepflegte Trails gibt!
Da wo’s schöne Landschaften gibt!
Da wo’s abenteuerliche Touren zu meistern gilt!
Da wo’s einfach ge!l ist!
Da wo’s …

Oktober 2018: Und nochmal Davos – weil’s so schön war :-))

to be continued …

ENDE.


1 Kommentar

ptz

ptz · 27. Mai 2021 um 19:20

Ich hab den August-Teil des Davosberichts jetzt endlich fertig gemacht, 3 schlappe Jahre nach der Veröffentlichung der ersten Bilder. War ne Menge Arbeit, aber ich schwelge jetzt wieder in den tollen Erinnerungen an den Biketrip!

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